SPD, Grüne und FDP legen statt Selbstbestimmungsgesetz ein Misstrauensgesetz vor

DIE LINKE.queer

Zu dem diversen Medien zugetragenen Entwurf eines „Selbstbestimmungsgesetzes“ der Bundesregierung erklären Maja Tegeler, Mitglied des Parteivorstands von DIE LINKE sowie Frank Laubenburg und Daniel Bache, Bundessprecher von DIE LINKE.queer:

Natürlich ist alles besser als das derzeit existierende und weitgehend verfassungswidrige Transsexuellengesetz. Die nun bekanntgewordenen Details des Gesetzentwurfes machen allerdings deutlich, dass die Bundesregierung eher ein Misstrauensgesetz als ein Selbstbestimmungsgesetz verabschieden möchte.  

Geradezu zynisch ist die geplante Karenzzeit von drei Monaten nach Antragstellung. In zahlreichen Kommunen wird es für Antragstellende ohnehin schon Wochen oder Monate dauern, bis sie überhaupt einen Termin für einen Antrag auf Personenstandsänderung erhalten. Der soll dann drei Monate unbearbeitet liegen blieben. Erst danach können Betroffene die Änderung von Abschlüssen und Arbeitszeugnissen in die Wege leiten, um Deadnaming zu verhindern. Beruflich und privat wird von den Betroffenen hier ohne jeden Grund erwartet, über Monate in einem Wartestand zu verharren.

‚Seht doch zu, wie ihr klarkommt‘ prägt auch die Denke der Bundesregierung im Hinblick auf die gesundheitliche Versorgung von trans Personen. "Auf den aktuellen Geschlechtseintrag kommt es nicht an, wenn medizinische Leistungen zu ergreifen sind", heißt es dort. Individuelle Kämpfe mit Krankenkassen und Gerichtsverfahren werden die Folge der Tatsache sein, dass der gesundheitliche Schutz von trans Personen der Bundesregierung schlichtweg egal ist.

Den Gipfel markiert eine absurde Sonderregelung, die verhindern soll, dass Männer sich im Kriegsfall durch Änderung des Geschlechtseintrags der Einberufung entziehen können.

Unsere Position ist klar: Kein Staat dieser Welt darf Menschen zum Kriegseinsatz zwingen. Ein solcher Zwang ist das Gegenteil von Selbstbestimmung.

Es ist kein Zufall, dass die ohnehin dem Militarismus frönende Bundesregierung hier so agiert.

In Kriegssituationen wird – wir sehen das gerade beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine - immer auch autoritäre Männlichkeit mobilisiert und als nationales Interesse gegen queere Menschen ausgespielt. Putin zeigt dies deutlich. Ideologisch knüpft die Bundesregierung mit ihrem Verbot der Personenstandsänderung im Verteidigungsfall hieran an und stellt sich damit auch an die Seite der extremen Rechten, die international einen Kulturkampf führt, in dem Heterosexualität und Männlichkeit als der Queerness überlegen und für das Überleben des ‚Volkskörpers‘ notwendig dargestellt wird.

Insgesamt kuscht der Entwurf der Bundesregierung vor der extremen Rechten und reagiert auf die frei erfundene Mär von der angeblichen Gefährdung von Schutzräumen durch trans Personen. Auch hier werden Betroffene im Zweifelsfall erst vor Gericht die Einhaltung der Regeln des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes (AGG) auch für trans Personen durchsetzen können.  

DIE LINKE.queer hofft darauf, dass im Rahmen des parlamentarischen Prozesses, zu dem auch die Verbändeanhörung gehört, die Makel des Gesetzesentwurfs korrigiert werden können. Denn ein wirkliches Selbstbestimmungsgesetz ist überfällig.