Reaktion auf Grotheer - Das „Sexkaufverbot“ schadet Sexarbeiter*innen
Zu den jüngsten Äußerungen von Antje Grotheer, Präsidentin der Bremischen Bürgerschaft, die sich für die Einführung eines sogenannten „Sexkaufverbots“ ausspricht, erklären Daniel Bache und Luca Renner, Bundessprecher*innen von Die Linke queer:
Die Praxis eines „Sexkaufverbots“ oder „Nordischen Modells“ hat in Ländern wie Schweden oder Frankreich überwiegend zu einer Verschlechterung der Lage von Sexarbeiter*innen geführt. Die Politik der Kriminalisierung ist Ausdruck ideologischer Dickköpfigkeit und eines reinen Haltungsmoralismus.
Die derzeit aus den Reihen von SPD und Union geführte Repressionsdebatte muss aufhören. Stattdessen müssen lösungsorientierte Politiken durchgesetzt werden, die die Interessen und die Sicherheit von Sexarbeiter*innen in den Vordergrund stellen. Das geht nur, indem die
Perspektiven von Sexarbeiter*innen einbezogen werden.
Nicht nur zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Deutsche-Aidshilfe oder die Diakonie lehnen das „Sexkaufverbot“ ab. Dunja Mijatović, Menschenrechtskommissarin des Europarates, hat sich
zuletzt in einem umfangreichen Kommentar klar gegen die Kriminalisierung von Sexarbeiter*innen, Kund*innen oder dritten Parteien positioniert und die damit gemachten negativen Erfahrungen betont. Sie bezieht sich dabei u.a. auf einen Bericht der UN-Arbeitsgruppe zur Diskriminierung von
Frauen und Mädchen, die Kritik verschiedener NGOs am „Nordischen Modell“ oder die Erfahrungen einzelner Staaten.
Mit Blick auf Deutschland kritisiert Mijatović, dass die weitreichende und komplexe Regulierung von Sexarbeit dazu führt, dass von einer Zunahme von Repression und Ausschlüssen gegen Sexarbeiter*innen berichtet wird, insbesondere wenn diese migrantisch, trans oder Angehörige anderer marginalisierter Gruppen sind.
Die Linke queer beobachtet mit Sorge, dass kritische Sexarbeiter*innen in Deutschland, die sich gegen ein „Sexkaufverbot“ positionieren, zunehmend mundtot gemacht werden sollen. Sexarbeitsgegner*innen greifen dabei u.a. zu organisierten Angriffen in den sozialen Medien oder
sogenannten SLAPP-Prozessen, bei denen versucht wird Sexarbeiter*innen mit juristischen Mitteln mürbe zu machen. Das aktuelle SLAPP gegen Sexarbeiter*in Ruby Rebelde steht dafür exemplarisch. Die Linke queer verurteilt diese Einschüchterungsversuche scharf und steht solidarisch an der Seite der Betroffen.
Es ist kein Zufall, dass es – wie etwa im Fall von Dorothee Bär, Leni Breymaier oder der Zeitschrift EMMA – eine große personelle Überschneidung zwischen Anhänger*innen des „Nordischen Modells“ und Transfeind*innen gibt. Es geht dieser Gruppe um eine strenge Normierung von Geschlecht entlang ihrer ideologischen Wunschvorstellungen und darum, das selbstbestimmte Handeln insbesondere von Frauen einzuschränken.
Die Linke queer vertritt seit langem einen menschenrechtsbasierten Ansatz, der die Bedürfnisse von Sexarbeiter*innen hinsichtlich des Zugangs zu angemessenen Wohnverhältnissen, einer sicheren
Arbeitsumgebung, dem Gesundheits- und Bildungssystem sowie dem System sozialer Sicherung zum Gegenstand von Politik macht. Sämtlichen weitergehenden Forderungen, etwa nach Schulungen für Staatsbedienstete, die mit Sexarbeiter*innen arbeiten oder dem Ausbau von
Beratungsangeboten unterstützt Die Linke queer ausdrücklich.