DIE LINKE.queer verabschiedet umfangreichen Forderungskatalog und wählt neue Sprecher*innen

DIE LINKE.queer

Die Verbesserung der sozialen Situation queerer Menschen will DIE LINKE.queer weiterhin in den Mittelpunkt ihrer Politik stellen. Das ist das wesentliche Ergebnis der Bundesdelegiertenkonferenz, die am vergangenen Samstag in Düsseldorf stattgefunden hat.

„Emanzipation kann es nur ohne materielle Not geben. Schon vor der Corona-Pandemie kam jede dritte Queer-Person in Europa finanziell nur mit Mühe über die Runden“ heißt es in dem einstimmig beschlossenen Leitantrag des LINKEN-Zusammenschlusses, dem rund 1.000 Personen angehören unter Bezugnahme auf eine entsprechende Befragung der EU-Grundrechteagentur. DIE LINKE.queer erachtet linke Kernforderungen wie bspw. die nach einer Mindestgrundsicherung von 1.200 Euro, einem wesentlich höherem steuerlichen Grundfreibetrag und einem gesetzliche Mindestlohn von 13 Euro dezidiert auch als queerpolitisch relevant.

Räumung der Liebig34
DIE LINKE.queer verurteilt die Räumung des anarcha-queerfeministischen Hausprojekts Liebig34 und den völlig unverhältnismäßigen Polizeieinsatz. „Die Berliner Polizei inszeniert sich mit ihrem martialischen Auftreten einmal mehr als Prügeltruppe des Immobilienkapitals“, heißt es in einem entsprechenden Beschluss.  Die Auseinandersetzung um die Liebig und andere Projekte sowie den anstehende Jahrestag der Räumung der Mainzer Straße 1990 nimmt DIE LINKE.queer zum Anlass, die Forderung nach der Entkriminalisierung von Hausbesetzungen wieder aufs Tapet zu bringen. Wenn ein Haus besetzt wird, das länger als ein Jahr leer steht, dann darf das keine Straftat sein, so DIE LINKE.queer.

Geschlechtliche Vielfalt in Bildungseinrichtungen
In einem Beschluss schließt DIE LINKE.queer sich außerdem Vorschlägen der Berliner Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) an und fordert die Länder dazu auf, Richtlinien zur Inklusion von trans, inter und nicht-binären Schüler*innen zu erarbeiten. Die Richtlinien sollen in erster Linie die freie Entwicklung der Lernenden gewähren und schützen. Teil dessen sollen bspw. inhaltliche und sprachliche Inklusion (u.a. bei den Rahmenlehrplänen, Schulverordnungen, Statistiken, Prüfungs- und Studienordnungen, Schulmaterialien, Formularen sowie Qualitäts- und Handlungsrahmen), bauliche Maßnahmen (Toiletten, Umkleidekabinen, etc.) oder zielgruppenspezifische Informationen für die Lehrkräfte sein.
Gefordert wird auch die Abschaffung des „menschenverachtenden und pathologisierenden Transsexuellengesetzes“, das durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzt werden soll. Bis Februar 2021 will DIE LINKE.queer ihre Forderungen zu den Bundestagswahlen insgesamt in einem neuen Grundsatzpapier ausformulieren.

Geld stinkt eben doch
Mitte April dieses Jahres, als die Corona-Pandemie das Land lahmgelegt hat, hat DIE LINKE.queer die Forderung erhoben, dass große Unternehmen die für die CSDs eingestellten Finanzmittel nicht einfach einsparen, sondern diese an die Community weitergeben sollen. U.a. die Siegessäule ist in einer Recherche mit Bezug auf diese Position der Frage nachgegangen, wie viele große Unternehmen dem nachgekommen sind. Wenig überraschend: So gut wie gar kein größeres Unternehmen hat im Zuge der Krise Geld weitergeben, schon gar nicht, wenn es dafür keine Gegenleistung gab. Queere Menschen werden in den kapitalistischen Produktionsprozess eingebunden, um ihre individuellen Potentiale auszubeuten. Das verbindet sie grundsätzlich mit allen anderen Arbeiter*innen. Wertschätzung gegenüber der Community und ihren Kämpfen artikulieren große Unternehmen darüber hinaus vor allem dann, wenn es darum geht kitschiges Pride-Merchandise unter die Massen zu bringen.
„Unsere Solidarität gilt denen, die während der Corona-Pandemie und jenseits davon um ihre Existenzen kämpfen, egal ob als Bar-Betreibende oder solo-selbstständige Künstler*innen. Sie gilt darüber hinaus den Beschäftigten, die auch innerhalb großer Konzerne oft im Rahmen von oder aber auch über gewerkschaftliches Engagement hinaus gegen Diskriminierung und für die Communities streiten. Queere Selbstorganisation ist ein Mittel des Arbeitskampfes und muss auch von den großen Gewerkschaften beworben und unterstützt werden“, so DIE LINKE.queer.

Gewählt wurden auf der Versammlung ein neuer, sechsköpfiger Bundessprecher*innenrat und drei Delegierte für den Bundesparteig von DIE LINKE.

Die vier Bundessprecherinnen von DIE LINKE queer sind

Jenny Luca Renner aus Hennigsdorf, die im Landesvorstand der LSVD Thüringen aktiv ist und die Belange von LSBTTIQ* im ZDF-Fernsehrat vertritt. Luca Renner ist hauptberuflich Mitarbeiterin beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).  Die 36-jährige gehört zu den bekanntesten lesbischen Aktivistinnen in der Bundesrepublik.

Lia Becker aus Berlin, die sich in der solidarischen Unterstützung von trans*Menschen in Berlin engagiert. Die Autorin („Linke Mehrheiten organisieren“) arbeitet derzeit an einem Buch zu queeren und trans* Erfahrungen mit prekärem Arbeiten und Leben, zu Perspektiven queer-feministischer und verbindender Klassenpolitik. Die 39-jährige arbeitetet als wissenschaftliche Mitarbeiterin des scheidenden LINKEN-Parteivorsitzenden Bernd Riexinger.

Daniel Bache aus Berlin, der derzeit seinen Master in Geschichtswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin macht und als Mitarbeiter von Carsten Schatz, des LINKEN-Fraktionsvorsitzenden im Berliner Abgeordnetenhaus, arbeitet. Der 27-jährige hat bereits im letzten Bundessprecher*innenrat mitgearbeitet und ist u.a. im Arbeitskreis Queer des Helle Panke e.V. aktiv.

Frank Laubenburg aus Oberhausen, der ebenfalls bereits im letzten Bundessprecher*innenrat aktiv war und schwerpunktmäßig zur Lebensweisen- und Sexualpolitik arbeitet. Der 53-jährige arbeitet als Fraktionsreferent der LINKEN im Weseler Kreistag.

Ergänzt wird der Bundessprecher*innenrat durch zwei Beisitzer*innen:

Ronja Zimmermann aus Frankfurt (Oder) engagiert sich für die deutsch-polnische Solidarität der Community und für ein Ausbau der queeren Infrastruktur in der Doppelstadt Frankfurt (Oder)-Słubice. Sie ist zudem Landessprecherin von DIE LINKE.queer Berlin-Brandenburg. Die 19-jährige studiert Jura.

Christian Gaa aus Frankfurt (Main) koordiniert derzeit die zivilgesellschaftliche bundesweite Kampagne „Ergänzung Artikel 3 GG“ und ist aktiv im Frankfurter Bündnis Akzeptanz und Vielfalt Frankfurt. Der 27-jährige Soziologe arbeitet als Veranstaltungsorganisator der AIDS-Hilfe Frankfurt e.V..

Beratend gehört dem Bundessprecher*innenrat die querpolitische Sprecherin der LINKEN-Bundestagsfraktion, Doris Achelwilm, an.

Zu Bundesparteitagsdelegierten wurden die Berliner Feministin und Autorin Magda AlbrechtDr. Carola Ensslen, Mitglied der Hamburger Bürgerschaft und Daniel Bache gewählt.