DIE LINKE.queer fordert schnelle Gesetzesänderungen: Junge Queers von diskriminierenden Hartz-IV-Regelungen besonders betroffen

DIE LINKE.queer

DIE LINKE.queer fordert eine schnelle Änderung der geltenden Hartz-IV-Regelungen für unter 25-Jährige und für Menschen aus

EU-Staaten. Die bestehenden Regelungen sind ohnehin diskriminierend, in der Corona-Krise nimmt nun die Dramatik gerade für junge Queers zu. Im Einzelnen fordert DIE LINKE.queer:

Die bestehenden Sonderregelungen für unter 25-Jährige Hartz-Bezieher*innen müssen umgehend abgeschafft werden. Die derzeitigen Regelungen zwingen zahlreiche junge, erwerbslose Menschen, im elterlichen Haushalt wohnen zu bleiben, weil ihnen keine eigene Wohnung zusteht. Ausnahmen gibt es nur dann, wenn „schwerwiegende soziale
Gründe“ vorliegen. Junge Menschen in der Coming-out-Phase, die ablehnende Reaktionen aus ihrer Familie befürchten oder diese erleben, müssten sich somit nicht nur vor dem Jobcenter offenbaren, sondern dadurch auch eine Vertiefung innerfamiliärer Konflikte befürchten. Diese Offenbarungspflicht ist inakzeptabel, weil sie tief in die Privatsphäre
eindringt und gerade für junge Menschen im Selbstfindungsprozess eine nicht zu überwindende Hürde darstellt.

Eine eigene Wohnung ist ein zentraler Schutzraum für queere Menschen, in dem sie eben keinen Rechtfertigungsdruck aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität befürchten müssen. Gerade die Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Corona-Krise und das damit verbundene „zuhause bleiben“ verschärfen die Situation für junge Queers, weil sämtliche Schutz- und Freiräume nicht zugänglich sind und in vielen Familienverbänden nach wie vor Heteronormativität als Maßstab gilt.

Leider gibt es bislang keine repräsentativen Untersuchungen dazu, wie viele junge Queers aufgrund der gesetzlichen Regelungen in prekäre Wohnverhältnisse, verdeckte Wohnungslosigkeit oder Obdachlosigkeit geraten, eine Darstellung der Problematik in der Bundesrepublik bietet allerdings beispielsweise Dr. Constance Ohms (Wohnungslosigkeit und Geschlecht, sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität als Risikofaktoren für und in Wohnungs¬- bzw. Obdachlosigkeit). Hier müssen die Erkenntnisgrundlagen dringend verbessert werden.

Besonders verheerend ist zudem derzeit die Situation der zumeist jüngeren Queers aus den EU-Staaten, die weniger als fünf Jahre in Bundesrepublik leben und deren Heimatländer nicht dem „Europäischen Fürsorgeabkommen“ (EFA) angehören. Viele von ihnen sind aufgrund der homo- und transfeindlichen Situation in ihren Heimatländern (beispielsweise Polen, Ungarn, Litauen, Bulgarien, Rumänien) nach Deutschland gekommen und verlieren nun aufgrund der Corona-Krise ihr bisheriges, oftmals ohnehin prekäres Arbeitsverhältnis – und damit auch jeglichen Anspruch auf Sozialleistungen und Krankenversicherung. Dieser Ausschluss von der Grundabsicherung muss angesichts der Corona-Krise unverzüglich aufgehoben werden. Es darf – gerade auch angesichts der homosexuellen- und transfeindlichen Maßnahmen zum Beispiel polnischer Gebietskörperschaften und der ungarischen Regierung – nicht sein, dass hier lebende Queers gezwungen werden, in diese Länder zurückzugehen.

Auch für Nicht-EU-Ausländer muss zudem dringend ein Anspruch auf Sozial- und Krankenversicherungsleistungen eingeführt werden. Die portugiesische Regierung hat dies umfassend für alle dort lebenden Menschen geregelt.


Die queere Community kämpft derzeit auf allen Ebenen um ihr strukturelles Überleben. Bars und Clubs, Bildungs- und Beratungsangebote, Publikationen und Künstler*innen stehen vor dem finanziellen Aus. Gegen diese Entwicklung gibt es schon jetzt vielfältige solidarische Aktionen. Nicht vergessen darf die Community nun den Teil, der so gut wie ohne Lobby auch vor der Corona-Krise schon in großen Nöten war und dessen Situation sich nun noch einmal dramatisch verschlechtert hat.