BAMF soll sich am Arnsberger Urteil orientieren: Asyl für LGBTIQ* aus Russland muss Standard werden

DIE LINKE.queer

Nach fast achtjähriger Verfahrensdauer hat das Verwaltungsgericht Arnsberg mit Urteil vom 19. Mai 2021 dem Asylbegehren eines schwulen Mannes aus Russland stattgegeben und den gegenteiligen Entscheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge aufgehoben. Hierzu erklären die Bundessprecher*innen von DIE LINKE.queer, Daniel Bache und Frank Laubenburg:

Wir begrüßen nachdrücklich das aktuelle Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg, in dem die Situation für LGBTIQ zutreffend dargelegt wird. Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat unter anderem ausgeführt:

„Personen, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennen, müssen im gesamten Staatsgebiet der Russischen Föderation mit sozialer Ausgrenzung und Diskriminierungen im Alltag, im beruflichen Kontext, in der medizinischen Versorgung sowie mit Anfeindungen und zum Teil mit gewaltsamen Übergriffen rechnen. In der Bevölkerung nehmen starke Vorbehalte zu, seitdem sie durch die orthodoxe Kirche und islamische Prediger, zunehmend auch durch staatliche Medien und durch in den sozialen Netzen aktive homophobe russische Bürger gefördert werden. Homosexualität ist in Russland zwar nicht strafbar, jedoch gibt es auch kein ausdrückliches gesetzliches Diskriminierungsverbot aufgrund sexueller Orientierung. Durch das 2013 verabschiedete Gesetz zum „Verbot nicht-traditioneller sexueller Beziehungen von Homosexuellen gegenüber Minderjährigen“ ist zudem praktisch jede öffentliche Darstellung von Homosexualität strafbar.“

Bedeutend ist die Entscheidung, weil mit ihr das gesellschaftliche Klima und der fehlende staatliche Schutz vor nicht-staatlicher Gewalt, z. B. durch das Agieren der Russischen orthodoxen Kirche, eindeutig als Asylgrund anerkannt werden. Homosexualität ist in Russland, anders als beispielsweise in Marokko und im Iran, nicht strafbar.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist aufgefordert, sich an der Arnsberger Entscheidung zu orientieren.

Erst am letzten Wochenende hatte der Parteivortand von DIE LINKE in einem einstimmigen Beschluss die Bundesregierung dazu aufgefordert, „mit Blick auf Russland und andere LGBTIQ*-feindliche Staaten endlich dafür sorgen, dass Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität verfolgt werden, unkompliziert Asyl in Deutschland gewährt bekommen. Dafür ist notwendig, dass solche Länder wie Russland als nicht sicheres Herkunftsland für queere Personen in den Asylbehörden eingestuft werden. Demütigende „Kontrollen“ durch den Staat müssen eingestellt, queere Geflüchtete besonders geschützt untergebracht werden.“

Wie unzureichend der derzeitige Schutz ist, zeigt sich an der Verfahrensdauer von nahezu acht Jahren, in denen der betroffene Mann keinen gesicherten Aufenthalt und damit auch keine Perspektive für seine Lebensplanung hatte. Das ist ein Skandal, der sich nicht wiederholen darf.

Das Urteil kann hier nachgelesen werden: https://aufenthaltswiki.info/dokuwiki/lib/exe/fetch.php?media=2105021_vg_arnsberg_rus_schwul_gfk.pdf

Der Beschluss des Parteivorstands von DIE LINKE kann hier nachgelesen werden: https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand/detail/unterstuetzung-des-internationalen-tages-gegen-homo-bi-inter-und-transphobie/