Selbstbestimmung kennt keine Wartezeit

DIE LINKE.queer

Zu den aktuellen Medienberichten über die Pläne der Bundesregierung für ein Selbstbestimmungsgesetz erklären Frank Laubenburg und Daniel Bache, Bundessprecher von DIE LINKE.queer, sowie Maja Tegeler, Mitglied des Parteivorstands von DIE LINKE und der Bremer Bürgerschaft:

Die Bundesregierung verfolgt seit Amtsantritt eine nicht nachvollziehbare Verzögerungstaktik bei der Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes. Außerdem sind Fragen des Personenstands von anderen Aspekten geschlechtlicher Selbstbestimmung abgetrennt worden, offenbar, um reaktionären Teilen der Koalitionsfraktionen die Zustimmung zu erleichtern. Die nun bekanntgewordenen Pläne der Bundesregierung geben jetzt Anlass zu weiterer Sorge.

Was konkrete rechtliche Fragen, auch im Zusammenhang mit dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) angeht, werden wir den konkreten Gesetzentwurf abwarten müssen.

Klar ist aber, dass die geplante dreimonatige Wartezeit zur Änderung des Geschlechtseintrags eine Schikane von trans, inter und nicht-binären Personen darstellt, die inakzeptabel ist. Die Bundesregierung lässt sich hier offfenbar von seit langem gehegten Vorurteilen gegen die geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung queerer Menschen leiten („ist vielleicht ja nur eine Phase“, „überleg Dir das gut“, „das denkst Du nur im Moment wegen Deiner schlechten Erfahrungen“). Für das Recht auf Selbstbestimmung gibt es keine Wartezeit.

DIE LINKE.queer fordert die Bundesregierung auf, ihrer Ankündigung, den Interessen der Betroffenen gerecht zu werden, wirklich Taten folgen zu lassen. Die Verbandsanhörungen zu dem geplanten Gesetz müssen genutzt werden, um die bereits jetzt aus den trans, inter und nicht-binären Communities kritisierten Mängel auszuräumen.

Das gilt insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Diskriminierungsschutz als Schutz vor Diskriminierung verstanden werden muss, Medienberichten zufolge aber vielmehr die Möglichkeit der weiteren Diskriminierung geschützt werden soll.

DIE LINKE.queer fordert die Ampel-Parteien auf, zeitnah ein vollumfängliches Konzept für geschlechtliche Selbstbestimmung vorzulegen - inklusive Zeitplan zur Umsetzung.

Offene Fragen, wie etwa der Zeitrahmen für geplante Beratungsnetzwerke, die Regelung der gesundheitlichen Aspekte geschlechtlicher Selbstbestimmung, die Entschädigung für Opfer des weitgehend verfassungswidrigen Transsexuellengesetzes (TSG)sowie nach konkreter Verbesserung der prekären sozialen Lebenslagen vieler nicht-cisgeschlechtlicher Menschen müssen beantwortet werden.

DIE LINKE.queer fordert den Queer-Beauftragten der Bundesregierung auf voranzugehen und offensiv für weitreichende Regelungen, die er wiederholt selbst versprochen hat, einzutreten. Dass Sven Lehmann sich in der Sache derzeit betont zurückhaltend gibt, entwertet sein Amt. Ein Queerbeauftragter hat die Interessen der communities offensiv zu vertreten, über ausreichend Pressesprecher verfügen Regierung und Ministerien bereits.