Queerfeindliche Jobcenter-Praxis aufklären
Zu den vermehrten Berichten darüber, dass die Jobcenter Menschen mit nicht-cisgeschlechtlichen Eintrag nicht oder verspätet Bürgergeld auszahlen, erklären Daniel Bache und Frank Laubenburg, Bundessprecher von Die Linke queer:
Das Jobcenter- bzw. Bürgergeld-Regime in Deutschland ist strukturell queerfeindlich: Angefangen bei der Offenbarungspflicht für queere Menschen, die unter 25 Jahre alt sind und die von Zuhause ausziehen wollen, aber Teil einer Bedarfsgemeinschaft sind, bis hin zu bizarren Fällen, in denen Jobcenter-Spitzel auf Balkons gehisste Regenbogenfahnen zum Anlass nehmen, WG-Bewohner*innen eine queere Beziehung (und damit eine Bedarfsgemeinschaft) anzudichten.
In den letzten Monaten häufen sich Berichte darüber, dass Menschen, deren Geschlechtseintrag nicht „männlich“ oder „weiblich“ lautet und die u.a. ihren Geschlechtseintrag mit einem Ergänzungsausweis haben beim Jobcenter ändern lassen, kein oder verspätet Bürgergeld ausgezahlt bekommen. Die Jobcenter rechtfertigen sich damit, dass ihre Software den Geschlechtseintrag „divers“ nicht verarbeiten kann.
Davon abgesehen, dass solche Umstände in der Digitalisierungswüste Deutschland tief blicken lassen, sind diese Berichte, wie sie u.a. von der Initiative Sanktionsfrei öffentlich gemacht wurden, ein handfester Skandal. Es ist grotesk, dass die Jobcenter offenbar mit der schnöden Realität des deutschen Personenstandsrechts überfordert sind, die so schon deutlich länger besteht als das Selbstbestimmungsgesetz. Die Linke queer fordert, dass die Jobcenter ihre Praxis auf entsprechende Versäumnisse hin prüfen und dass die Arbeitsagentur öffentlich erklärt, dass das Problem behoben ist. Ggf. müssen Entschädigungen für bei Betroffenen angefallene Kosten gezahlt werden, etwa bei Lastschrift-Rückläufern, Mahngebühren oder Zinsen.
Dass die Jobcenter sich mancherorts nicht zu dumm sind, auf queeren Straßenfesten mit eigenen Ständen für sich zu werben und sich dabei als besonders Diversity-affin zu präsentieren, ist vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass queere Menschen überproportional von Armut betroffen sind, der blanke Hohn.
Politik und Jobcenter müssen sicherstellen, dass auch queere Menschen pünktlich an die Leistungen kommen, die ihnen zustehen. Die Linke fordert eine sanktionsfreie Mindestsicherung, eine Kindergrundsicherung und eine solidarische Mindestrente, um auch queere Menschen wirksam vor Armut zu schützen.